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Hintergrund: Was macht die Koordinierungsstelle Provenienzforschung

Interview mit Dr. Annette Müller-Spreitz

Seit wann beschäftigt das Thema Provenienzforschung den Museumverband?

Dr. Annette Müller-Spreitz: Wir haben 2016 mit sogenannten Erstchecks begonnen. Dabei werden Sammlungen von Stadt- und Regionalmuseen danach untersucht, ob Verdachtsmomente für problematische Herkünfte der Objekte vorliegen, um dann gegebenenfalls vertiefende Recherchen zu initiieren. Die Koordinierungsstelle Provenienzforschung gibt es seit Juni 2019 beim Museumsverband.

Wie konnte die Koordinierungsstelle das weiterführen?

Dr. Annette Müller-Spreitz: Die Koordinierungsstelle soll die Provenienzforschung in Sachsen-Anhalt voranbringen. Ich habe im Jahr 2020 den Erstcheck an fünf Museen intensiv begleitet. Inzwischen wurden 26 Museen „erstgecheckt“ und geprüft. Der Erstcheck soll fortgesetzt werden und dafür haben wir schon die 4. und 5. Staffel mit weiteren 8 Museen zusammengestellt. Außerdem geht es mir um die vertiefende Recherche zu den bereits gefundenen Objekten mit kritischer oder unklarer Herkunft.

Was hat die Koordinierungsstelle Provenienzforschung bisher erreicht?

Dr. Annette Müller-Spreitz: Ich habe zum Beispiel an Projektskizzen zur vertiefenden Provenienzforschung gearbeitet (– sehen Sie sich hier die beiden Interviews mit Corrie Leitz und Luisa Töpel an). Mittels meiner Übersicht der ethnografischen Museumsbestände in unserem Bundesland habe ich im Hinblick auf Provenienzen aus kolonialen Kontexten weiter recherchiert. Auch für den Ausbau der Förderung für die Erforschung von Kulturgutentzügen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und in der DDR habe ich mich eingesetzt.

Außerdem stimme ich mich über den Fortschritt des Forschungsprojektes zur Geschichte des Museumsverbandes während der NS-Zeit mit dem verantwortlichen Provenienzforscher ab (– sehen Sie sich gern auch das Interview mit Sven Pabstmann an). Wir haben eine sechsmonatige Projektverlängerung erreicht und können nun bis Mai auch Fallbeispiele zur Museumsberatung in einzelnen Museen beleuchten.

Und welche Aufgaben halten Sie für besonders wichtig?

Dr. Annette Müller-Spreitz: Bei meiner Arbeit merke ich immer wieder, dass die Museen Unterstützung benötigen, um hinsichtlich aktueller Fragestellungen und Entwicklungen im Bereich der Provenienzforschung auf dem Laufenden zu bleiben. Auch biete ich fachlichen Austausch zum Beispiel zu Quellen, Einzelfällen und neuen Recherchemöglichkeiten an. Auf diese Weise gebe ich Hilfestellung bei Projektanträgen. Zu meinen Aufgaben gehört auch die Netzwerktätigkeit in den Arbeitsgruppen und Gremien zur Provenienzforschung auf Bundesebene. Die dort gewonnenen Erkenntnisse fließen in meine Beratungstätigkeit ein.

Natürlich haben alle meine Aufgaben Relevanz… Mir liegt vor allem am Herzen, möglichst viele Menschen für das Thema Provenienzforschung zu interessieren und zu informieren. Die Museen haben durch die Provenienzforschung die Chance, an der Wiedergutmachung von Unrecht aus unterschiedlichen Phasen deutscher Geschichte mitzuwirken. Auch die Vermittlungsarbeit wird durch die interessante Erzählebene über „die Zeit des zu uns gekommen sein“ bereichert und darüber wer wann und wodurch das Objekt in seinen Händen hatte. Es ist daher wichtig, die Arbeit und Ergebnisse der Provenienzforschung öffentlich und transparent zu machen sowie miteinander in einen Dialog zu treten.

Welche Projekte bereiten Sie gerade vor und was wollen Sie damit erreichen?

Dr. Annette Müller-Spreitz: Ich arbeite gerade an einem Grundlagenforschungsprojekt zur Inventarisierung und Dokumentation musealer Sammlungen in der SBZ/DDR, um die Bestandsbildung, -veränderung und -profilierung besser zu kennen und daraus Handlungsspielräume für die kommerzielle Verwertung oder staatliche Einlieferungen zu verstehen. Außerdem ist ein Projekt zu möglichem NS-Raubgut aus dem Kunsthandel mit dem Museum Schloss Moritzburg in Zeit in Planung.

Ansprechpartnerin
Dr. Annette Müller-Spreitz | Koordination Provenienzforschung
Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V.
Käthe-Kollwitz-Straße 11
06406 Bernburg
E-Mail: mueller-spreitz(at)mv-sachsen-anhalt.de