Stadt- und Landeschronistik
Zur Landesgeschichte gehört die Beschäftigung mit den Zeugnissen der lokalen und regionalen Geschichtsschreibung früherer Epochen. Seit dem Mittelalter hat man sich in Städten, in Klöstern und an den Fürstenhöfen mit den eigenen historischen Traditionen beschäftigt und Chroniken, Annalen, Genealogien und Landesbeschreibungen verfasst. Solche Quellen bieten heute nicht nur einen Zugang zu vergangenen Ereignissen und den damit verbundenen Personen, sondern vor allem einen Schlüssel zum Verständnis früherer Vorstellungswelten, Geschichtsbilder und Raumwahrnehmungen.
Einige dieser historiografischen Werke sind seit dem 16. Jahrhundert im Druck erschienen – vor allem wenn Gelehrtennetzwerke oder fürstliche Mäzene dies förderten – und konnten damit auf eine breitere Rezeption hoffen. Zu verweisen ist exemplarisch auf Teile der Mansfeldischen Chronik des Cyriacus Spangenberg (1528-1610), auf die anhaltischen Herrschergenealogien und Landeschroniken des Ernst Brotuff (ca. 1497-1565) und Johann Christoph Beckmann (1641-1717) oder auf die Geschichte des Saalkreises und der Stadt Halle des Johann Christoph von Dreyhaupt (1699-1768). Viele andere Chroniken blieben hingegen ungedruckt und schlummern heute wenig beachtet in Kommunal-, Landes- oder Kirchenarchiven.
Ziel des Projekts ist es, ausgewählte Werke lokaler und regionaler Geschichtsschreibung aus der Zeit zwischen 15. und 19. Jahrhundert aus der handschriftlichen Überlieferung zu erschließen, aufzubereiten und für eine vollständige oder teilweise Edition zu bearbeiten. Auf diese Weise werden nicht nur wichtige Informationen zu bestimmten Orten und Regionen in Sachsen-Anhalt gesichert, sondern auch Voraussetzungen dafür geschaffen, sich mit früheren Wissensbeständen, Erinnerungsformen und räumlichen Identitäten zu beschäftigen.