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Forschungsprojekt: Der Museumsverband für die Provinz Sachsen und für Anhalt 1933-1945

Interview mit Sven Pabstmann

Der Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. unterstützt nicht nur die Museen bei der Auseinandersetzung mit der Herkunft ihrer Bestände, sondern hält es für ebenso wichtig, die Rolle seiner Vorgängerinstitutionen während der NS Zeit zu untersuchen. Das eineinhalbjährige Projekt wird vom Land Sachsen-Anhalt sowie der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste gefördert.

Womit genau beschäftigen Sie sich in Ihrem Forschungsprojekt?

Sven Pabstmann: Ich erforsche die Geschichte des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt e. V. Genauer gesagt beschäftige ich mich mit seinen Vorgängerinstitutionen in der Preußischen Provinz Sachsen und im Freistaat Anhalt im Zeitraum von der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bis zum Ende des "Dritten Reiches" 1945. Über die Verwaltungsstrukturen, die personellen Netzwerke und die Aktivitäten des Verbandes in der NS-Zeit wussten wir anfänglich nur wenig. Dank der Förderung durch das Land Sachsen-Anhalt und das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste konnten die zur Aufarbeitung dieser Sachverhalte notwendigen umfangreichen Recherchen in den vergangenen eineinhalb Jahren durchgeführt werden.

Was haben Sie inzwischen über die Geschichte des Museumsverbandes herausfinden können?

Sven Pabstmann: Unter anderem haben wir nun genauere Kenntnis über die Gründungsphase und wissen auch besser über die personelle Besetzung und Entwicklung des Verbandes Bescheid. In den frühen 1920er Jahren bildeten sich erste Verbandsstrukturen innerhalb der Museumslandschaft heraus, wie zum Beispiel die 1920 begründete Vereinigung mitteldeutscher Ortsmuseen und der 1922 gegründete Museumsbund der Provinz Sachsen. Diese eher losen Interessenverbände bildeten den Grundstein für den Aufbau einer staatlich geförderten Museumsberatung. Diese Entwicklungen mündeten 1929 in die Gründung des Verbandes zur Förderung der Museumsinteressen in der Provinz Sachsen und im Freistaat Anhalt e. V. Im Zuge einer Satzungsänderung im Jahr 1936 wurde der Verein in Museumsverband für die Provinz Sachsen und für Anhalt e. V. umbenannt. Seit 1933 unterstand der Verband dem Nationalsozialisten Kurt Otto (1887–1947). Der Sitz des Verbandes war Merseburg. Mit der Geschäftsführung wurde der Landesrat Siegfried Berger (1891–1946) beauftragt.

Um wie viele Museen kümmerte sich denn der Verband in seinen ersten Jahren?

Sven Pabstmann: Über 100 Museen in der Provinz Sachsen und im Land Anhalt waren im Museumsverband organisiert (siehe Karte). Die Heimatmuseen bildeten die mengenmäßig größte Gruppe. Zur kleineren Gruppe der sogenannten "Museen besonderer Art" bzw. "Sondermuseen" gehörten die Kunstmuseen, Memorialmuseen sowie Sammlungen der Kirchen und Universitäten, also Sammlungen, denen überregionale Bedeutung beigemessen wurde.

Wie sind Sie bei Ihrer Arbeit vorgegangen?

Sven Pabstmann: Zum einen stellen umfangreiche Recherchen in Bibliotheken einen wichtigen Teil meiner Arbeit dar. Bedeutender ist jedoch die systematische Archivrecherche. So konnten z. B. im Landesarchiv Sachsen-Anhalt zahlreiche, bisher weitgehend unentdeckt gebliebene Akten des Museumsverbandes aufgefunden werden, anhand derer viele neue Informationen zur Geschichte der Museumsberatung und -pflege in der Provinz Sachsen und in Anhalt während der NS-Zeit zusammengetragen werden konnten. Da sich die Landesgrenzen seitdem verschoben haben und damals noch Gebiete von Sachsen, Thüringen und Brandenburg zur Provinz Sachsen gehörten, habe ich auch in Archiven der benachbarten Bundesländer recherchiert. In insgesamt 14 Archiven habe ich über 300 Akten gesichtet.

Welche Ziele verfolgt der Museumsverband mit diesem Forschungsprojekt?

Sven Pabstmann: Mit Hilfe des Projektes möchten wir klären, in welchem Umfang die Museumsberatung in der Provinz Sachsen und im Freistaat Anhalt während des Nationalsozialismus auf die Museen sowie deren inhaltliche Arbeit Einfluss genommen hat und wie diese Beratung heute zu bewerten ist. Das Projekt schließt somit eine Forschungslücke zur damaligen Arbeit der deutschlandweit existierenden Museumsberatungsstellen und liefert darüber hinaus Grundlagenforschung für das heutige Sachsen-Anhalt. Die Ergebnisse werden auch für künftige Provenienzforschungsprojekte hierzulande von Bedeutung sein, weil zentrale Akteure und ihre Handlungsspielräume unter dem NS-Regime im Zusammenhang mit Museumgründungen, -umgestaltungen und Bestandsbildungen näher beleuchtet werden.

Ansprechpartner

Sven Pabstmann M. A. | wiss. Mitarbeiter für Provenienzforschung
Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V.
Käthe-Kollwitz-Str. 11
06406 Bernburg
E-Mail: pabstmann(at)mv-sachsen-anhalt.de