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Klopstock-Preis 2024 für Yevgeniy Breyger

Yevgeniy Breyger

Der Schriftsteller Yevgeniy Breyger wird mit dem diesjährigen Klopstock-Preis für neue Literatur ausgezeichnet. Er erhält den mit 12.000 Euro dotierten Hauptpreis für seinen Gedichtband „Frieden ohne Krieg“. Der mit 3.000 Euro dotierte Förderpreis geht an die Lyrikerin Manuela Bibrach für ihre Debüt-Veröffentlichung „Radios mit Naturstimmen“.

Staatsminister und Minister für Kultur Rainer Robra gratuliert dem Preisträger: „Yevgeniy Breygers starke lyrische Stimme hat in den vergangenen Jahren viel Beachtung gefunden. In seinem jüngsten Gedichtband verbinden sich nun die eigene Geschichte und die jüdische und ukrainische Gegenwart. Fragen der Identität und der richtigen Sprache angesichts der Sprachlosigkeit werden neu gestellt. Breyger erzählt von den Schrecken des Krieges, von Verwundbarkeit, von Grauen und doch auf beeindruckende Weise vom Menschsein. Ich beglückwünsche Yevgeniy Breyger zum diesjährigen Klopstock-Preis.“

Yevgeniy Breyger wurde 1989 in Charkiw (Ukraine) geboren und kam 1999 nach Sachsen-Anhalt, wo er in Magdeburg aufwuchs. Nach verschiedenen Stationen unter anderem in Hildesheim, Leipzig und Frankfurt (Main) lebt er mittlerweile in Wien. Der Debütband des Lyrikers „flüchtige monde“ erschien 2016 bei kookbooks. Für das Gedicht „Königreich des Regens“ aus seinem zweiten Lyrikband „Gestohlene Luft“ wurde Breyger 2019 mit dem Leonce-und-Lena-Preis ausgezeichnet. Es folgten weitere Auszeichnungen und Stipendien in Finnland, Frankreich, Italien und Österreich, darunter ein Aufenthalt an der Deutschen Akademie Casa Baldi 2023. Ein im Februar 2022 nahezu fertiggestellter Gedichtband Breygers erschien aufgrund des russischen Angriffes auf die Ukraine nicht. Stattdessen veröffentlichte er im Folgejahr „Frieden ohne Krieg“.

In ihrer Begründung unterstreicht die Jury die Verknüpfung von eigener Geschichte und drängendem Gegenwartsbezug. So verschränke Breygers Gedichtband „Frieden ohne Krieg“ (kookbooks, 2023) hochaktuell die Geschichte seiner jüdischen Familie während des Holocaust mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine: „Die Wirklichkeit traf mit voller Wucht auf ‚Zwischen Vogel, zwischen Stein‘, seinen eben vollendeten dritten Gedichtband. Breyger veröffentlichte ihn nicht, stattdessen schrieb er ‚Frieden ohne Krieg‘, das als Langgedicht beginnend die Geschichte seiner jüdischen Familie vom deutschen Angriff auf Charkiw bis zur russischen Invasion erzählt, in Verse gebrochene Prosa, die in ihrer bisweilen stakkatohaften Unnachsichtigkeit weder vor den Verhältnissen noch vor der eigenen Person haltmacht und die Prinzipien des Autors unterläuft, in Gedichten weder Gesellschaftskritik noch Tagespolitik zu verarbeiten.“

Manuela Bibrach wurde 1971 in Dresden geboren und absolvierte eine Ausbildung als Diplom-Ingenieurin für Umweltbildung und -psychologie. Neben einer Tätigkeit als Umweltpädagogin arbeitete sie unter anderem Auftrags-Texterin. Ihre erste eigenständige Publikation „Radios mit Naturstimmen“ erschien im vergangenen Oktober (Dr. Ziethen Verlag, 2023). Für den Literaturbeirat ist Bibrach eine „Naturlyrikerin, die der Natur glücklicherweise nicht abhandengekommen ist. Sie weiß um die Fragilität des Verhältnisses Mensch-Natur und thematisiert dieses in ihren Arbeiten. Die Vielgestaltigkeit der Natur in Form von Eulenrufen, Stiefmütterchen, Seerosen, Maulwürfen und Sternschnuppen trifft auf Kanäle, Abrisshäuser und menschliche Alpträume. Dabei gelingen ihr sprachlich eindringliche Bilder und Miniaturdramen.“

„Natur und Zivilisation: Manuela Bibrachs Lyrik wandelt auf überraschende Weise zwischen den Welten. Schon der Titel Ihres Bandes verweist auf die besondere Bedeutung des Klangs, der ihre Gedichte erst wirksam werden lässt. Dass ihr bemerkenswertes literarisches Debüt in Sachsen-Anhalt verlegt wurde, freut mich außerordentlich. Für ihr weiteres Schaffen wünsche ich Manuela Bibrach alles Gute“, so Rainer Robra.

Die feierliche Preisverleihung im 300. Geburtsjahr des Dichters findet am 4. Juli 2024 in der Welterbestadt Quedlinburg statt. Hier und an vielen weiteren Orten organisiert die Welterbestadt gemeinsam mit dem Klopstock e.V. und anderen Partnern über das ganze Jahr 2024 zahlreiche Veranstaltungen.

 

Hintergrund

Seit 2015 verleiht das Land Sachsen-Anhalt jährlich den „Klopstock-Preis für neue Literatur“. Er stellt die höchste Auszeichnung des Landes auf dem Gebiet der Literatur dar. Eine hierfür eigens eingesetzte Jury bestimmt den Hauptpreisträger oder die Hauptpreisträgerin; ihr gehören aktuell Dr. Maike Albath, Annett Gröschner, Thomas Kunst, Prof. Dr. Stephan Pabst und Dr. Wiebke Porombka an. Der Preis wird vergeben für ein deutschsprachiges Werk aus den letzten vier Jahren oder für eine literarisch wertvolle Gesamtleistung. Der Förderpreis wird auf der Grundlage von Vorschlägen des Literaturbeirates verliehen. Er richtet sich an Nachwuchsautorinnen und -autoren aus Sachsen-Anhalt, deren Debütveröffentlichung bundesweit Beachtung gefunden hat.

Namenspatron des Preises ist der in Quedlinburg geborene Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803), einer der bedeutendsten Dichter und Literaten des Zeitalters der Aufklärung. Bisherige Hauptpreisträgerinnen und -preisträger waren Ann Cotten (2015), Uwe Kolbe (2016), Thomas Melle (2017), Marion Poschmann (2018), Alexander Kluge (2019) Clemens Meyer (2020), Annett Gröschner (2021), Matthias Jügler (2022) und Angela Steidele (2023).