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Cranach-Triegel-Altar kann im Naumburger Dom bleiben

Der Cranach-Triegel-Altar kann auch in Zukunft im Naumburger Dom präsentiert werden, muss allerdings den Standort wechseln. Das folgt aus dem lange erwarteten Urteil der Experten der UNESCO zum weiteren Umgang mit dem Cranach-Triegel-Altar im Naumburger Dom, das jetzt beim Auswärtigen Amt und der Landesregierung eingetroffen ist. Die Sachverständigen der UNESCO haben sich mit dem teils vehement geführten Diskurs der deutschen Kunst- und Architektursachverständigen um die Aufstellung des Altars-Projekts im Westchor intensiv beschäftigt, im März 2025 hatten sie den Naumburger Dom zudem zwei Tage lang besucht.

In Reaktion auf den Bericht hatten die Vereinigten Domstifter, das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt sowie Vertreter der Staatskanzlei und Ministerium für Kultur mehrere mögliche Standorte innerhalb des Doms geprüft. Eine künftige Aufstellung im Querhaus des Doms wird gemeinsam als beste Variante befürwortet. Die Fläche im Nordquerhaus ist besonders prominent, weil das Werk dort einen eigenen, würdigen Raum innerhalb des Domes erhält.

Das jetzt vorliegende Urteil der UNESCO beendet einen über Jahre andauernden Diskurs der um den Naumburger Dom bemühten Bausachverständigen, Archivare und Historiker zur einstigen Aufstellung des Cranach-Altars im 16. Jahrhundert und zum weiteren Umgang mit den großen Altarflügeln aus der berühmten Cranach-Werkstatt. Staats- und Kulturminister Robra hatte im letzten Jahr schließlich das Welterbezentrum der UNESCO in Paris um Vermittlung und Schiedsspruch entsprechend den Verfahren der Welterbekonvention gebeten.

Nach den jetzt übermittelten Feststellungen darf der Altar ausdrücklich und dauerhaft im Dom verbleiben, jedoch nicht im Westchor. Dort beeinträchtigt er nach der Überzeugung der internationalen Experten die einzigartige Zusammenschau der hochmittelalterlichen Werke der Architektur, der Bildhauerei und der Glasmalerei zu sehr – allen voran die Stifterfiguren rings um Uta von Naumburg. Das schade dem Welterbe und dürfe so nicht bleiben, so die UNESCO.

Die Vereinigten Domstifter als Eigentümer des Doms ebenso wie die evangelische Domgemeinde akzeptierten das Schreiben aus Paris.

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff freut sich über die Beilegung des Expertenstreits: „Seit inzwischen fünf Jahren habe ich in Gesprächen mit deutschen und internationalen Sachverständigen auf eine einvernehmliche, denkmalverträgliche Lösung für den neuen Altar im Naumburger Dom hingewirkt. Mit langem Atem haben wir eine Präsentation des Cranach-Triegel-Altars im Naumburger Dom ermöglicht und zugleich die Integrität der Welterbestätte gewahrt.“

Staatsminister und Minister für Kultur Rainer Robra unterstreicht: „Der Altar kann im Dom bleiben und wird im Nordquerhaus eine neue Aufstellung finden. Ich bin erleichtert, dass wir in einem lösungsorientierten Verfahren ein gutes Ergebnis für unsere Welterbestätten und die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt erzielen konnten. Mein Dank gilt allen Beteiligten für ihren konstruktiven Umgang mit diesem schwierigen Thema.“

Prof. Dr. Harald Meller, Direktor des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt: „Die Einschätzung der Experten der UNESCO gibt den Denkmalpflegern unseres Landes vollumfänglich recht. Wichtiger ist mir aber dies: Als Fachleute der Denkmalpflege – ob beim Land, bei den Kulturstiftungen oder in den internationalen Gremien – können wir zwar gelegentlich unterschiedlicher Ansicht sein und zuweilen als Wissenschaftler auch hart miteinander ringen; wir kämpfen aber doch stets für dieselbe Sache, den Erhalt und die angemessene Nutzung unseres kulturellen Erbes als unser Vermächtnis an künftige Generationen. Darauf kommt es an – und das ist hier in Naumburg noch immer gut gelungen und wird auch weiter gelingen.“

Dechant Prof. Dr. Jörg Ulrich: „Der Cranach-Triegel-Altar im Naumburger Dom ist eine Bereicherung für dieses wunderbare Gotteshaus. Dass der Altar nun dauerhaft im Dom verbleiben kann, ist ein Grund zur Freude für unsere evangelische Domgemeinde und ein Zeichen gelebter Ökumene.“

Stiftsdirektor Dr. Holger Kunde: „Der Cranach-Triegel-Altar verbindet die Zeitschichten des 16. Jahrhunderts und der Gegenwart im Medium der Kunst. Im Nordquerhaus wird er künftig und in Korrespondenz mit anderen Werken verschiedener Epochen und mit Kunst der Gegenwart stehen. Er hat hier seinen neuen Platz. Ich bin gespannt auf die Wirkung des Altars an seinem neuen Standort. Sobald als möglich werden wir in enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden eine Mensa für den Altar im Nordquerhaus fertigen lassen, denn wir hoffen binnen eines Jahres alle Arbeiten am Altar und an den neuen Fenstern im Ostchor abschließen zu können.“

 

Hintergrund

Der Leipziger Maler Michael Triegel hatte im Auftrag der Vereinigten Domstifter im Jahr 2020 den zwischen 1517 und 1519 von Lucas Cranach dem Älteren geschaffenen und später teils zerstörten Naumburger Altaraufsatz um ein fehlendes Mittelteil ergänzt. Der zusammengefügte Cranach-Triegel-Marienaltar war ab Juli 2022 im Naumburger Dom zu sehen. Seither war der Standort des Altars zwischen den Experten für Baudenkmalpflege in Deutschland und auch darüber hinaus Gegenstand heftiger Kontroversen.

Umstritten ist der Standort des Altaraufsatzes im Westchor des Doms zwischen den Stifterfiguren wie Uta von Naumburg. Aus Sicht der Experten des Internationalen Rats für Denkmalpflege, der die UNESCO berät, beeinträchtigt der große neue Altaraufsatz die Blickbeziehungen im Westchor des Naumburger Doms. Sogar über eine mögliche Aberkennung des Welterbetitels für den Dom wurde diskutiert. Vor diesem Hintergrund hat das Land Sachsen-Anhalt gemeinsam mit den Vereinigten Domstiftern und der KMK-Beauftragten für das UNESCO-Welterbe im Auswärtigen Amt die UNESCO in Paris um Vermittlung und Schiedsspruch gebeten. Daraufhin entsandte die UNESCO im März 2025 zwei internationale Experten zur Begutachtung des Altars nach Naumburg.

Sachsen-Anhalt ist stolz auf seine fünf Weltkulturerbestätten und bewirbt sich gegenwärtig mit dem Pretziener Wehr im Salzlandkreis um einen sechsten Titel. Die UNESCO-Welterbekonvention ist ein völkerrechtlich bindender Vertrag, der in Deutschland in nationales Recht überführt und ratifiziert wurde. Das Land Sachsen-Anhalt und die Vereinigten Domstifter haben sich mit Beantragung des Welterbetitels für den Naumburger Dom im Jahr 2017 ausdrücklich zur Anwendung der UNESCO-Welterbekonvention und der dazu erlassenen Durchführungsrichtlinien verpflichtet. Sie werden die nun gutachterlich vorgelegten Empfehlungen der internationalen Experten unverzüglich umsetzen. Der Welterbe-Titel ist nicht nur eine herausragende Auszeichnung, sondern auch ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor für unsere Region, insbesondere für die Bereiche Tourismus und Gastronomie.