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Museum Aschersleben

Völkerkundliche Sammlung des Museums, die sog. Afrikanische Sammlung

Bis zum Erstcheck durch den Museumsverband war über die sog. Afrikanische Sammlung des Museums Ascherslebens wenig bekannt. Dass ein kleines städtisches Museum, mit dem Sammlungsschwerpunkt auf der örtlichen Stadt- und Heimatgeschichte, solch eine große Sammlung ethnologischer Objekte besitzt, erschien doch eher ungewöhnlich. Die Sammlung umfasst Objekte sowohl der afrikanischen Kolonien als auch der Südseekolonien. Über die Provenienz der Sammlungen ist bisher wenig bekannt.

Im Zuge des Erstchecks durch Herrn Mathias Deinert im Auftrag des Museumsverbandes konnte zumindest geklärt werden, dass im Jahr 1938 damit begonnen wurde, die sog. afrikanische Sammlung in das Museum einzugliedern. Wie diese jedoch an das Museum gelangte, ist bis heute völlig unklar. Der Hintergrund dieser „Schaffung einer ständigen kolonialen Abteilung unseres Museums“ (Quelle: Anzeiger Nr. 1 vom 07.01.1939) war rein propagandistisch. Der Bevölkerung sollte die Notwendigkeit des Besitzes der verlorenen Kolonien des Deutschen Reiches dargelegt werden. Zu diesem Zweck wurde die neue Ausstellung im Aschersleber Anzeiger 1939 wochenlang besprochen.

Die Sammlung umfasst Gegenstände aus folgenden Bereichen:

  • Flora und Fauna (präparierte Tiere, wie Eidechsen, und ein komplettes Krokodil, Tierreste, wie Schildkrötenpanzer und Nashörner, aber auch verarbeitete Tiere, wie Gürteltiere sowie tropische Hölzer, Gräser, Fasern und Gesteine
  • Afrikanische Kunst und/oder des Glaubens bzw. der Glaubensausübung, wie Holzplastiken in Form von Masken, Köpfen, sowie Tierdarstellungen
  • Gebrauchsgegenstände, wie Musikinstrumente, Pfeile und Bogen sowie ein Tisch

Herkunft der Exponate noch unklar

Begonnen wurde mit der Sammlung afrikanischer Zeugnisse spätestens 1938 beim Aufbau der Kolonialabteilung des Museums. In den 1960er Jahren gelangten einige Stücke als Nachkriegszugänge an das Haus – vermutlich von der IX. Oberschule Aschersleben. Im Feld „Art der Erwerbung“ wird im Inventarbuch erwähnt: „Sammlung IX. Oberschule Aschersleben“. Aber auch in diesem Falle der Angabe einer Erwerbsart im Inventarbuch, ist die Herkunft der Gegenstände dennoch unklar (wie sind sie an die Schule gelangt?).

Die Aufarbeitung der sog. Afrikanischen Sammlung des Museums wäre aus dem Grund interessant, ist damit doch auch eine einhergehende Aufarbeitung der Biografien einiger Aschersleber Persönlichkeiten verbunden.

Besonders die Rolle des international geachteten Geologen und Paläontologen Prof. Dr. Martin Schmidt (1863-1947), dessen paläontologische Studiensammlung das Museum bewahrt und ausstellt, bedarf einer näheren Überprüfung. Schmidt ist nachweislich 1937 in die NSDAP eingetreten, ob aus Überzeugung oder unter Zwang ist nicht bekannt, jedoch sollte der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit dies dazu diente, die Bestände des Museums in den Jahren 1935 bis 1945 aktiv zu vergrößern.

Gerade er war es, der forderte, die Kolonialabteilung „noch propagandistischer“ aufzuziehen. Gleiches trifft auf Rektor Lederbogen zu. In einem Teil der Besprechungen zur afrikanischen Sammlung ist davon die Rede, dass Rektor Lederbogen, sehr viele Stücke aus Afrika mitgebracht hätte, weil er dort wohl einige Jahre gelebt hätte. Auch diesem Hinweis gilt es nachzugehen und aufzuarbeiten. Rektor Lederbogen gilt in Aschersleben ebenfalls als ein verdienter Heimatforscher und Lehrer, der sich besonders in der Nachkriegszeit, für die Wiedereröffnung des Museums eingesetzte und auch immer wieder als Einlieferer von Objekten in Erscheinung trat.

Museum Aschersleben
Markt 21
06449 Aschersleben

Tel.: (0 34 73) 95 84 30
Fax.: (0 34 73) 226 67 11
www.aschersleben-tourismus.de

Öffnungszeiten
Dienstag-Freitag 10-16 Uhr
Samstag 14-17 Uhr, Sonntag 10-16 Uhr

Biographien hinterfragen

Eine Aufarbeitung der Biografie des ersten Museumsleiters der Nachkriegszeit, Alfred Schochardt (1903-1975, Museumsleiter von 1952 bis 1968) ist ebenso unumgänglich. In der Beilage zum Aschersleber Anzeiger wird schon 1937 ein museumsnaher Polizei-Hauptwachtmeister namens Schochardt erwähnt, der die Sammlung bereichert.

Um dieser Verharmlosung der Rollen einiger für die Stadtgeschichte überaus interessanter Persönlichkeiten und Protagonisten während der NS-Zeit entgegenzutreten, braucht es eine handfeste Aufarbeitung der Biografien.

Die Erforschung der Geschichte des städtischen Museums zur Zeit des Nationalsozialismus trägt auch ein Stück weit dazu bei,  die Geschichte der Stadt Aschersleben zu dieser Zeit aufzuarbeiten. Dies ist bislang leider immer noch nicht geschehen. Darüber hinaus könnte mit der Erforschung der afrikanischen Sammlung des Aschersleber Museums ein Präzedenzfall geschaffen werden. Momentan gibt es für den Umgang mit kolonialzeitlichen Sammlungen noch kein einheitliches Vorgehen.

Die Aschersleber Sammlung sollte nicht nur unter dem Aspekt von NS-Raubgut beleuchtet werden, sondern auch um den Aspekt des Umgangs mit sensiblen Objekten erweitert werden (z.B. können Masken, Statuetten etc. aus (menschlichen) Knochenteilen bestehen). Die Aufarbeitung könnte beispielhaft stehen für weitere Museen, die ebenfalls ethnologische und/oder anthropologische Objekte in ihrer Sammlung verwahren und ein beispielgebend sein, wie mit solchen Sammlungen sowohl unter konservatorischen als auch unter ethischen Gesichtspunkten zu verfahren sei.

Museumsverband
Sachsen-Anhalt e. V.

Käthe-Kollwitz-Str. 11
06406 Bernburg
www.mv-sachsen-anhalt.de